Mathematischer Ort des Monats Dezember 2016
Grabstätte für Karl Weierstraß in Berlin-Mitte
von Iris Grötschel
 
Der am 31. Oktober 1815 in Ostenfelde (Westfalen) geborene Mathematiker Karl Weierstraß verstarb am 19. Februar 1897 in Berlin an einer Lungenentzündung. Seine ursprüngliche Grabstelle auf dem Friedhof der Katholischen Domgemeinde St. Hedwig an der Liesenstr. 8 in Berlin-Mitte existiert nicht mehr, jedoch hat sein Grabstein die wechselhaften Zeiten überdauert.
Grabstein
Grabstein für Karl Weierstraß
 
Der 1834 geweihte Domfriedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde ist der älteste noch bestehende katholische Friedhof Berlins. Zu den bekannten Personen, die hier bestattet wurden, gehören neben Karl Weierstraß z. B. der Maler Peter von Cornelius (1783-1867), der Hotelier Lorenz Adlon (1849-1921) und der Konfektionshändler James Cloppenburg (1877-1926). In der Liesenstraße gibt es drei weitere historische Friedhöfe. Der Evangelische Domfriedhof I und der Friedhof II der Französisch-Reformierten Gemeinde liegen westlich des Domfriedhofs St. Hedwig auf der Südseite; der Dorotheenstädtische Friedhof II befindet sich auf der Nordseite.
Mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 wurde aus der Friedhofsgrenze an der südlichen Seite der Liesenstraße, die bis dahin lediglich einen Teil der Sektorengrenze zwischen den Bezirken Mitte in Ost-Berlin und Wedding in West-Berlin darstellte, eine gut gesicherte Staatsgrenze. Die alte Friedhofsmauer wurde abgetragen und zahlreiche Grabstellen wurden eingeebnet, um Platz zu schaffen für die neue Mauer und einen etwa 40 Meter breiten Grenzstreifen. Mit dem Bau der Hinterlandmauer 1967 verschwanden weitere Gräber. Nach dem Mauerfall wurde das ehemalige Grenzgebiet wieder in das Friedhofsareal einbezogen. Dabei wurde der einstige Todesstreifen als Grünfläche gestaltet; die Friedhofsmauer wurde an alter Stelle und in historischer Anmutung rekonstruiert.
Eingang
Blick vom Eingangsbereich auf die Friedhofskapelle
Grab mit Kranz
Das WIAS ehrte Karl Weierstraß zu seinem 200. Geburtstag mit einem Kranz.
Auch das Grab von Karl Weierstraß befand sich ursprünglich in dem 1961 geräumten Bereich. Sein Grabstein wurde an die südwestliche Friedhofsmauer versetzt. Sterbliche überreste existierten nicht mehr. Der Gedenkstein befindet sich heute in der Abteilung II, Reihe 41, Grabstelle 20. Die Grabstätte für Karl Weierstraß wurde von 1994 bis 2014 als Ehrengrab der Stadt Berlin gepflegt. Seitdem wird der Gedenkort vom Weierstraß-Institut unterhalten.
Schild
Ein Schild weist auf die Grabbetreuung durch das WIAS hin.
Auf dem Friedhofsgelände sind Reste der Grenzanlagen erhalten geblieben. So gibt es an der östlichen Seite der Liesenstraße einen 15 Meter langen originalen Abschnitt der Grenzmauer mit oberem Betonrohr; im westlichen Teil des Friedhofs befindet sich ein Abschnitt der Hinterlandmauer. Beide Mauerreste stehen unter Denkmalschutz.
Vorderlandmauer
Mauerrest an der Liesenstraße neben der Bahntrasse
Hinterlandmauer
Rest der Hinterlandmauer an der Westseite des Friedhofs
 

Bildnachweis

Fotografien   Iris Grötschel, Berlin