Mathematischer Ort des Monats Juli 2018
Graffito zu Konrad Zuse in Berlin-Wilmersdorf
Entstehung und Verfall eines Gedenkorts
von Wolfgang Volk
 
Zwei Trafohäuschen auf dem – mit Verkehrsadern gesegneten – Bundesplatz am östlichen Ende des Bezirks Wilmerdorf erfuhren im Rahmen eines Projekts mit Schülern des in der Nähe beheimateten Marie-Curie-Gymnasiums eine Wiederauferstehung von ihrem trostlosen Dasein; sie waren mit hässlichen Graffiti verunstaltet. Unterstützt vom Graffiti-Künstler Patrick Kieper, begleitet von der Initiative Bundesplatz e. V. und dem Eigner der Gebäude, dem Energieversorger Vattenfall wurden im Oktober 2014 die acht Wandflächen der Trafohäuschen mit Porträts namhafter Persönlichkeiten ausgestaltet, die zeitweise in der Nähe des Bundesplatzes wohnten. Diese Porträts sind um symbolische Darstellungen zu ihrer Bedeutung, deren Namen – oft in Form ihrer Unterschrift – und Lebensdaten sowie der Adresse ihres Wohnorts ergänzt.
Auf diese Weise werden (in alphabetischer Reihenfolge des Nachnamens)
  • Carl Diercke (1842-1913), Kartograf, wohnhaft am Bundesplatz,
  • Marlene Dietrich (1901-1992), Schauspielerin, wohnhaft in der Hildegardstraße,
  • Fritz Eschen (1900-1964), Bildjournalist, wohnhaft am Bundesplatz 1,
  • Otto Freundlich (1887-1943), Bildhauer/Maler, wohnhaft am Bundesplatz 17,
  • Hildegard Knef (1925-2002), Schauspielerin, wohnhaft in der Bernhardstraße,
  • Friedrich Seidensticker (1882-1966), Fotograf, wohnhaft am Bundesplatz 17,
  • Kurt Tucholsky (1889-1935), Publizist, wohnhaft in der Bundesallee 79 und
  • Konrad Zuse (1910-1995), Ingenieur, geboren in der Tübinger Str. 2
gewürdigt.
Projektbegleitend wurden von der Iniative Bundesplatz e. V. verschiedene Meldungen publiziert: Außerdem gibt es eine ausführliche Fotostrecke zu den Arbeiten vor Ort und der Feierstunde.
Dokumentiert sind die Graffiti auch auf einer Seite betitelt mit „Auf dem Bundesplatz“ der Domain wandbilder-berlin.de.
Die Trafohäuschen sind nahe dem nördlichen Ende des Bundeplatzes, etwa auf Höhe der Einmündung der Mainzer Straße und beiderseits der nördlichen Ein- bzw. Ausfahrt der Untertunnelung errichtet. Die äußeren Fassaden können gut von dem jeweils gegenüber liegenden Bürgersteig betrachtet werden, die anderen Wände erfordern einen Zugang zur Grünanlage über die Fußgängerampeln an den Einmündungen der Detmolder Straße oder der Wexstraße.
Das Graffito zu Konrad Zuse befindet sich an der östlichen Seite des östlichen Trafohäuschens und ist damit auch gut vom gegenüberliegenden Bürgersteig einzusehen. Es zeigt neben dem Porträt noch eine skizzierte Rechenanlage, die ihre Ähnlichkeit mit dem von Konrad Zuse konstruierten ersten funktionsfähigen Computer Z3 nicht verleugnen kann (vergleiche auch die Skizze im Artikel zu Konrad Zuse und siehe auch den Artikel zur Gedenktafel für die ZUSE Z3 in Berlin-Kreuzberg).
Konrad Zuse
Graffito für Konrad Zuse
 
Dieses Trafohäuschen befindet sich unweit der Einmündung der vergleichsweise kurzen Tübinger Straße, an derem nordöstlichen Ende auf der linken Seite das Geburtshaus des Computer-Pioniers steht.
Geburtshaus K. Zuses
Geburtshaus von Konrad Zuse
 
Die obige Aufnahme des Graffitos entstand am 17. August 2015, als sich die Grafiken des östlichen Trafohäuschens noch in einem ordentlichen Zustand befanden, während – wie dem Blog der taz „Bei uns um die Ecke“ zu entnehmen ist – das westliche Trafohäuschen bereits im November 2014 massive Verunstaltungen erfahren hat. Mittlerweile (Mai 2018) sind die Graffiti beider Trafohäuschen wieder in einem erbärmlichen Zustand. Effektiver kann man Schülern die Vergeblickeit des eigenen Tuns nicht vor Augen führen!!!
Auf eine Wiedergabe des aktuellen Zustands wird hier verzichtet, um diesen verunstaltenden Machenschaften nicht noch eine Plattform zu bieten.
An einigen Gebäuden, in denen die durch das Projekt Gewürdigten lebten, sind Gedenktafeln angebracht – so für Carl Diercke (Bundesplatz 12), Friedrich Seidensticker (Bundesplatz 17) und Kurt Tucholsky (Bundesallee 79). Marlene Dietrich hat unweit vom Bundesplatz auf dem III. Städtischen Friedhof Stubenrauchstraße ihre letzte Ruhe gefunden.
 

Bildnachweis

alle Aufnahmen   Wolfgang Volk, Berlin,